Veröffentlicht am 10. September 2021 von Emanuel Winkler
Bereits im vergangenen Jahr hat der in Deutschland lebende, irische Singer/Songwriter Saoirse Mhór mit „Minor Tales, Major Stories“ ein balladeskes und persönliches Album vorgelegt. Der Titel fällt auf und schafft Interesse das Album zu hören, weshalb wir dem Ganzen, auch mit etwas Verzögerung, ein Ohr schenken möchten.
Die Stücke auf „Minor Tales, Major Stories“ sind eingängig arrangiert und federn die teilweise finsteren (Selbst)Betrachtungen ein wenig ab. Die Studio- und Liveband liefert einen lupenreinen, angenehmen Sound ab und wird zurecht von Saoirse selbst hervorgehoben. Michael Busch (Gitarre), Andrew Cadie (Geige), Steffen Knauss (Bass), Kate Doherty (Backing Vocals), Andy Horn (Klavier, Percussion, Gitarre, Bass) und Daniel Fleischmann (Drums) umgarnen die Schwere der Texte, denen im Folgenden besonderes Augenmerk gewidmet werden soll.
– „I used to be so strong, now I just feel broken“ –,
lautet die erste Zeile des Eröffnungssongs „Ashbury Lane“ und setzt uns direkt in den Mittelpunkt der Misere. Keine Ausflüchte oder Erklärungen! Ashbury Lane scheint der Punkt Null zu sein, der Ort, an welchem sich alles fügt. Ein Sehnsuchtsort, allerdings, denn hier und jetzt gilt es ein Leben zu meistern. Die Weisheit jedoch ist wankelmütig.
– „I did believe my own true love would set me free, but all this coming and this going just made a fool right out of me.“ –
In „Table of losers“ wird nach den eigenen Unzulänglichkeiten gesucht, als wäre das Leben ein Martyrium, dem man hoffnungslos ausgeliefert sei. Doch auch am Tisch der Verlierer, im Angesicht größter Verzweiflung, ist man nicht allein. Es bleibt auch Platz für einen Wein auf Wegbegleiter und die Liebsten, um bei Tagesanbruch gestärkt aus dem Dunkel hervorzutreten. Die Hoffnung ruht in der Liebe, aber die Liebe scheint ein Kommen und Gehen. Geben wir uns also der Hoffnung hin!
– „You choose your words well, but you know they don’t carry reason.“ –
„High Treason“ sollte der ursprüngliche Titel des Albums lauten, entstanden in Zeiten einer persönlichen Krise. Doch Pläne können sich ändern, schwierige Zeiten ebenfalls. Sinngemäß verweist der Künstler selbst darauf, dass noch im Entstehen des Albums die Reflexion ein Teil des Prozesses geworden sei. Es geht um Verrat, Lügen, Enttäuschung und Verlust und bildet den Kern aller Inhalte der „Minor Tales“ und „Major Stories“.
So erschließt sich auch die Coverversion „Lord Franklin“ des Moritats „Lady Franklin’s Lament“ über den Entdecker, der in gesetztem Alter in die Arktis aufbrach, um die Nordwestpassage zu finden und nie zurückkehrte. Ein Versuch der Kontextualisierung führt uns zu bereits erwähnten (Kern)Themen des Albums. Abschied, Verlust, Abenteuer, Trauer. Eine*r zieht aus und geht verloren, eine*r bleibt zurück.
– „You knew life as angered and cold, but we had the fire that others desired.“ -,
heißt es weiterhin in „Faith“, einer eingängigen Ballade auf der Suche nach Erklärungen, warum es mit dem Glauben und Vertrauen an- und ineinander nicht funktioniert hat. Auch wenn es Dinge gibt, die nicht messbar scheinen, können diese doch eine gewichtige Rolle im Leben zweier Menschen einnehmen.
– „As a young boy when I first learned to sing, I never once thought what use it would bring.“ –
„It’s over, Goodnight“ ist zwar nicht der letzte Song des Albums, gedanklich schließt sich hier jedoch ein Kapitel. Es scheint alles gesagt, was es zu sagen galt. Saoirse Mhór beschwört sich abermals als einsamen Wolf, der Trost in der Musik findet. Der leise Abschied von einem Leben nimmt, welches in solcher Form nicht wiederkehren wird. Wäre dies der letzte Song, müsse man sich eventuell sorgen. Doch von der Reflexion war bereits die Rede und so passt es ins Bild, dass „Minor Tale Major Stories“ mit einer alternativen Version von „Table of Losers“ zum Schluss aufwartet. Das dunkle Tal scheint durchschritten. Mit Tempo und einer gewissen Leichtigkeit öffnet Saoirse Mhór die Tür zu einem neuen Kapitel. Eine versöhnliche Geste mit dem Schlusswort:
-„I’ll be strong“-
Mit „Minor Tales, Major Stories“ hat Saoirse Mhór sich seinen Frust und Enttäuschung von der Seele geschrieben, aufgearbeitet und legt uns mit diesem Album eine Art Chronologie seiner Introspektion vor. Visualisiert wird das Ganze auf dem Albumcover in Form von Michelangelo Caravaggios „Die Gefangennahme Christi“, als der abtrünnige Jünger seinen Herrn mit einem Kuss an die Römer verriet. An Pathos mangelt es dem Album nicht, aber es zeigt uns einmal mehr, dass auch die größte Enttäuschung, die dunkelste Stunde vergehen können und Platz schaffen für Neues.
Das Album ist ausschließlich über des Künstlers Bandcamp zu erstehen. Seht, hört, folgt und unterstützt Saoirse Mhór darüber hinaus auf:
Homepage | Facebook | Instagram
Titelliste:
01. Ashbury Lane
02. Table Of Losers
03. High Treason
04. Lord Franklin
05. Faith
06. It’s Over, Goodnight
07. Table Of Losers (Part Two)
Saoirse –
Folk News
Saoirse Mhór – Minor Tales Major Stories (2020)
Veröffentlicht am 10. September 2021 von Emanuel Winkler
Bereits im vergangenen Jahr hat der in Deutschland lebende, irische Singer/Songwriter Saoirse Mhór mit „Minor Tales, Major Stories“ ein balladeskes und persönliches Album vorgelegt. Der Titel fällt auf und schafft Interesse das Album zu hören, weshalb wir dem Ganzen, auch mit etwas Verzögerung, ein Ohr schenken möchten.
Die Stücke auf „Minor Tales, Major Stories“ sind eingängig arrangiert und federn die teilweise finsteren (Selbst)Betrachtungen ein wenig ab. Die Studio- und Liveband liefert einen lupenreinen, angenehmen Sound ab und wird zurecht von Saoirse selbst hervorgehoben. Michael Busch (Gitarre), Andrew Cadie (Geige), Steffen Knauss (Bass), Kate Doherty (Backing Vocals), Andy Horn (Klavier, Percussion, Gitarre, Bass) und Daniel Fleischmann (Drums) umgarnen die Schwere der Texte, denen im Folgenden besonderes Augenmerk gewidmet werden soll.
– „I used to be so strong, now I just feel broken“ –,
lautet die erste Zeile des Eröffnungssongs „Ashbury Lane“ und setzt uns direkt in den Mittelpunkt der Misere. Keine Ausflüchte oder Erklärungen! Ashbury Lane scheint der Punkt Null zu sein, der Ort, an welchem sich alles fügt. Ein Sehnsuchtsort, allerdings, denn hier und jetzt gilt es ein Leben zu meistern. Die Weisheit jedoch ist wankelmütig.
– „I did believe my own true love would set me free, but all this coming and this going just made a fool right out of me.“ –
In „Table of losers“ wird nach den eigenen Unzulänglichkeiten gesucht, als wäre das Leben ein Martyrium, dem man hoffnungslos ausgeliefert sei. Doch auch am Tisch der Verlierer, im Angesicht größter Verzweiflung, ist man nicht allein. Es bleibt auch Platz für einen Wein auf Wegbegleiter und die Liebsten, um bei Tagesanbruch gestärkt aus dem Dunkel hervorzutreten. Die Hoffnung ruht in der Liebe, aber die Liebe scheint ein Kommen und Gehen. Geben wir uns also der Hoffnung hin!
– „You choose your words well, but you know they don’t carry reason.“ –
„High Treason“ sollte der ursprüngliche Titel des Albums lauten, entstanden in Zeiten einer persönlichen Krise. Doch Pläne können sich ändern, schwierige Zeiten ebenfalls. Sinngemäß verweist der Künstler selbst darauf, dass noch im Entstehen des Albums die Reflexion ein Teil des Prozesses geworden sei. Es geht um Verrat, Lügen, Enttäuschung und Verlust und bildet den Kern aller Inhalte der „Minor Tales“ und „Major Stories“.
So erschließt sich auch die Coverversion „Lord Franklin“ des Moritats „Lady Franklin’s Lament“ über den Entdecker, der in gesetztem Alter in die Arktis aufbrach, um die Nordwestpassage zu finden und nie zurückkehrte. Ein Versuch der Kontextualisierung führt uns zu bereits erwähnten (Kern)Themen des Albums. Abschied, Verlust, Abenteuer, Trauer. Eine*r zieht aus und geht verloren, eine*r bleibt zurück.
– „You knew life as angered and cold, but we had the fire that others desired.“ -,
heißt es weiterhin in „Faith“, einer eingängigen Ballade auf der Suche nach Erklärungen, warum es mit dem Glauben und Vertrauen an- und ineinander nicht funktioniert hat. Auch wenn es Dinge gibt, die nicht messbar scheinen, können diese doch eine gewichtige Rolle im Leben zweier Menschen einnehmen.
– „As a young boy when I first learned to sing, I never once thought what use it would bring.“ –
„It’s over, Goodnight“ ist zwar nicht der letzte Song des Albums, gedanklich schließt sich hier jedoch ein Kapitel. Es scheint alles gesagt, was es zu sagen galt. Saoirse Mhór beschwört sich abermals als einsamen Wolf, der Trost in der Musik findet. Der leise Abschied von einem Leben nimmt, welches in solcher Form nicht wiederkehren wird. Wäre dies der letzte Song, müsse man sich eventuell sorgen. Doch von der Reflexion war bereits die Rede und so passt es ins Bild, dass „Minor Tale Major Stories“ mit einer alternativen Version von „Table of Losers“ zum Schluss aufwartet. Das dunkle Tal scheint durchschritten. Mit Tempo und einer gewissen Leichtigkeit öffnet Saoirse Mhór die Tür zu einem neuen Kapitel. Eine versöhnliche Geste mit dem Schlusswort:
-„I’ll be strong“-
Mit „Minor Tales, Major Stories“ hat Saoirse Mhór sich seinen Frust und Enttäuschung von der Seele geschrieben, aufgearbeitet und legt uns mit diesem Album eine Art Chronologie seiner Introspektion vor. Visualisiert wird das Ganze auf dem Albumcover in Form von Michelangelo Caravaggios „Die Gefangennahme Christi“, als der abtrünnige Jünger seinen Herrn mit einem Kuss an die Römer verriet. An Pathos mangelt es dem Album nicht, aber es zeigt uns einmal mehr, dass auch die größte Enttäuschung, die dunkelste Stunde vergehen können und Platz schaffen für Neues.
Das Album ist ausschließlich über des Künstlers Bandcamp zu erstehen. Seht, hört, folgt und unterstützt Saoirse Mhór darüber hinaus auf:
Homepage | Facebook | Instagram
Titelliste:
01. Ashbury Lane
02. Table Of Losers
03. High Treason
04. Lord Franklin
05. Faith
06. It’s Over, Goodnight
07. Table Of Losers (Part Two)